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Urlaub in Zeiten von Corona - wo selbst der Frosch-Chef mal ganz runterkommt
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Irgendwie konnte ich es nicht glauben. Alle Welt (auch meine touristikerfahrenen Mitarbeiter von Frosch) machen Urlaub in Deutschland: Fischland-Darß, Scharbeutz, Lübecker Bucht, Allgäu, Mecklenburger Seenplatte, ja selbst der Harz sind die Alternativen zu Mittelmeer, südländischer Lebensart und garantiertem Sonnenschein. Die Medien sind voller Geheimtipps in Deutschland, Camping als Urlaubsform feiert eine retrohafte Auferstehung und das Wohnmobil generiert zum Urlaubstraum an und für sich.

Mal kurz überschlagen bedeutete das, dass, wenn nur ein Viertel aller Deutschen diese Urlaubsziele wählte, würden sich ca. 20 Millionen vorwiegend an Nord- und Ostsee, an den Seen und in den deutschen Bergen aufhalten. Kaum vorstellbar und eine zweifelhafte Aussicht auf einen entspannten Urlaub. Daher stellte ich mir die Frage: muss das sein? 

Muss man aus gesundheitlichen Gründen Angst haben oder sind die Auflagen so massiv, dass der Spaß auf der Strecke bleibt? Oder ist Corona auch eine Chance, vielleicht eine einmalige Chance, auf Urlaub wie er ganz früher einmal war? 

So entstand in meiner kleinen Familie die Idee, genau dorthin zu fahren, wo aus Angst vor Corona wenige Touristen zu erwarten sind. Also klamüserten wir uns eine Tour aus in Gegenden, wo wir schon immer hinwollten, die wir aber aus Angst vor hochsaisonalen Touristenströmen bisher gemieden hatten. Eine Hüttenwanderung auf dem Dolomiten Höhenweg 2, ein Besuch von Venedig ohne Kreuzfahrtschiffe und entspannte Tage auf Samos in Griechenland lautete nun das Drehbuch. 

Dolomiten Höhenweg 2

Wir buchten über Frosch Sportreisen die Hüttentour auf dem Höhenweg 2 (siehe auch den Reisebericht unserer Wanderführerin Karin), eine Durchquerung der Dolomiten von Nord nach Süd, von Brixen bis zum Fedaia-See unterhalb der Marmolada. Die Wanderung gehört zwar technisch zu den einfacheren Dolomiten-Höhenwegen, ist jedoch konditionell durchaus fordernd und landschaftlich der absolute Hammer! Was die Dolomiten hier an Dramatik bereithalten treibt einem das Wasser in die Augen!

Wir also rein in den Zug und siehe da: kein Stau, pünktlich, weil unterausgelastet, wohl temperiert und schnell - so dürfte Bahnfahren immer sein, von der Maskenpflicht einmal abgesehen. Wie auf Schienen fuhr uns die Bahn zu unserem Reiseziel und verwöhnte uns mit entspannten Familienstunden. Wir sind einen Tag vor dem Start der Tour angereist, weil wir die Zeit hatten und gerne unsere Wanderschuhe und Füße miteinander bekannt machen wollten. 

Das Hotel Schlemmer auf 1.900 m Höhe als Ausgangspunkt für die Tour war eine großartige Wahl: grandioser Blick auf die Dolomiten, schöne Zimmer, tolles Frühstück und Abendessen, die Sauna wegen Corona sogar ganz für uns allein. Besser konnte die Tour nicht starten. Klar auch hier: Maskenpflicht für die Gäste in den sensiblen Bereichen (eigentlich nur beim Frühstücksbuffet), definierte Laufwege und maskierte Kellner. Nur die Fältchen an den Augen verrieten, dass sie häufiger lächelten.

In diesem Juli-Sommer führte das Wetter eine spezielle Regie. Von gleißender Sonne bis zum leichten Schneetreiben bot das Wetter fast die ganze Palette. Wir durchwanderten Schneefelder, bestiegen einen 3.000er und schlossen Wetten ab, wann denn endlich der angekündigte Regen auf uns herunterfallen würde. Tat er aber nicht. Das Wetter ließ uns in Ruhe wandern und staunen, gelegentlich die Klamotten von kalt zu warm und zurück wechseln, bespielte uns mit viel Sonne und den dramatischsten Wolkenbildern und ließ es dann freundlicherweise nachts regnen oder schneien. 

Das Besondere in diesem Sommer war vor allem aber auch, dass erheblich weniger Wanderer unterwegs und die Berghütten nur lässig belegt waren. Die Infrastruktur auf den Hütten war nicht strapaziert und die Hüttenwirte wirkten entspannter und freundlicher als sonst (sagt unsere Wanderführerin Karin). Überhaupt: diese Tour als Hüttenwanderung zu beschreiben ist übertrieben, schlussendlich haben wir nur 2 Nächte auf einer Hütte und 4 Nächte in komfortablen Hotels verbracht, überall mit sehr leckerem Essen.

Wir hatten sehr viel Spaß in unserer kleinen Gruppe, es wurde viel geplaudert und gelacht. Auf der Wanderung haben wir uns in den etwas schwierigeren Passagen gegenseitig unterstützt und zur Not von den Schwächeren auch mal den Tagesrucksack für ein Stück übernommen. Alles wurde wunderbar und unaufgeregt moderiert von unserer tollen Wanderführerin. Als Journalistin für das ladinische Fernsehen schien sie von den Blumen und Kräutern am Wegesrand, der besten Technik beim Stock-Einsatz über die leckersten Salatrezepte bis hin zur hippsten Outdoor-Mode quasi alles zu wissen, ließ uns gerne daran teilhaben und bot zu allem Überfluss noch jeden Tag eine zusätzliche Gipfelbesteigung an. 

Fazit: alle wollen im nächsten Jahr wieder mit Karin los, natürlich in die Dolomiten! 

Corona? Die Einschränkungen waren minimal und beschränkten sich auf die sensiblen Bereiche (Zuganreise, Gondelfahrt und Buffet). Dafür aber: angenehm wenige Wanderer auf dieser sehr beliebten Tour, entspannte Hüttenwirte und sehr bemühte Hoteliers. 

Venedig

Normalerweise nicht mein Ding: eine Stadt mit Touristenmassen, denen man nicht entkommen kann, die alle dasselbe sehen und fotografieren wollen. Und ständig der Verdacht, dass auch ich als Tourist eher lästig bin. 

Trotzdem wollte ich Venedig schon immer mal sehen, durch den Canale Grande fahren und mich von den maroden alten Häusern bezaubern lassen. Corona war die Chance: Keine Kreuzfahrtschiffe, keine Amerikaner, keine Asiaten – höchstens ein paar Italiener und Unerschrockene. Also buchten wir ein kleines Hotel und fuhren im Anschluss an die Wanderung nach Venedig.

Die erste Überraschung gab es beim Einchecken. Montag gäbe es kein Frühstück im Hotel. Er, der Rezeptionist, würde uns das Frühstück vor die Tür stellen. Erstaunen unsererseits. Das Hotelrestaurant sei Montag geschlossen – keine Gäste eben. Kein Problem, dann gehen wir im Städtchen frühstücken. 

Die zweite Überraschung war unser Zimmer. Nach kurzem Blick auf die Belegungsliste und vielsagendem Lächeln führte uns der Rezeptionist zurück auf die Straße, um 5 Ecken und dann auf den Markusplatz. Wir wohnen direkt im Torre del’Orologio! Als wir die Fenster aufmachen, springt uns die Basilika San Marco direkt ins Zimmer, der Markusplatz liegt unschuldig und fast verlassen zu unseren Füßen. Perfekt und danke – womit haben wir das verdient?! Vermutlich das bestgelegene Zimmer in ganz Venedig.

Der Rest ist schönster Standard: mit dem Vaporetto durch die Kanäle und zu den Inselchen von Venedig, zu Fuß über tausend Brücken und dreimal durch den Canale Grande, weil wir uns an den Häusern einfach nicht satt sehen konnten. Gefühlt sind wir nicht weniger marschiert als in den Dolomiten, nur mit mehr Pausen und vor allem mehr Cappuccino. 

Selbst das berühmte Café Florian am Markusplatz, mit purpurnen Samtpolstern und goldenem Stuck eines der ältesten Kaffeehäuser Europas, war praktisch leer. Der Klavierspieler hatte Augenkontakt mit jedem einzelnen Zuhörer. Und was für eine Wohltat, der Blick wird nicht verstellt von Schlange stehenden Menschentrauben, man findet Platz im Restaurant und sogar die Einheimischen sind nicht genervt und können bei ihrem einheimischen Tun beobachtet werden! 

Dabei war die Stadt nicht leer. Am Wochenende waren durchaus einige Schulklassen und kleine Gruppen vor Ort. Montag war Venedig dann aber touristenfrei. Wir tranken noch hier und da einen Kaffee, genossen die Leere und reisten ab mit dem Gefühl, etwas absolut Einmaliges erlebt zu haben. 

Samos

Dann nochmal Frosch, jetzt aber mit Flug (wurde natürlich über atmosfair kompensiert). 

Apropos: Abgesehen von den eingeschränkten Verbindungen sorgt der Flug bei vielen für die größte allgemeine Verunsicherung bei der Wahl ihres Urlaubsziels. Trotz Maskenpflicht, strengen Regeln am Boden und hocheffizientem Belüftungssystem ist es unwahrscheinlich, aber natürlich nicht auszuschließen, dass sich Flugreisende durch Anhusten oder direkten Kontakt anstecken. Mir hat es geholfen, mir die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung auszurechnen und darauf zu vertrauen, dass es bisher keinen einzigen gesicherten Fall gegeben haben soll.

Samos ist eine wunderschöne Insel, von der Natur bevorzugt, aber von vielen Ereignissen gebeutelt. Egal, ob Waldbrände, Flüchtlinge oder Corona – Samos bekommt sein Fett weg und die Leidensfähigkeit der Bevölkerung wird extrem strapaziert. 

Die erste Überraschung kommt vor der Anreise. Der Frosch Sportclub Helen Yolanda ist ausgebucht. Wie bitte? In Zeiten von Corona?

Tatsächlich hat Samos nicht nur Stammkunden, sondern richtige Fans. Viele kommen immer wieder und lassen sich auch nicht durch die eingeschränkten Flugmöglichkeiten abschrecken. Wir buchen also bei dem Nachbarn von Helen Yolanda zwei Zimmer und freuten uns, wieder auf Samos zu sein.

Unter medizinischen Aspekten sowieso das Beste, was man machen kann: Man ist den ganzen Tag draußen an der frischen Luft, beim Essen, beim Wandern und beim Biken sowieso ... immer eine Fahrradlänge Abstand! Da kann es dann passieren, dass sogar der Chef eines Corona-gebeutelten Reiseunternehmens mal ganz runter kommt und seine unternehmerischen Sorgen sausen lässt..... 

So scheint es aber auch den anderen Gästen zu gehen. Als Kosta, der Hotelbesitzer, dann auch noch ein kleines Live-Konzert auf die Beine stellt und selbst singt, dauert es nicht lange, bis die Sorge um Corona in den Hintergrund tritt! Mal wieder gemeinsam laute Musik hören und ungehemmte Lebensfreude zu spüren, tut gut. Platz für Abstand und frische Nachtluft sind ja zum Glück im Überfluss vorhanden ...!

Natürlich gibt es auch im Hotel Sicherheitsmaßnahmen: unser Hotelier Kosta und seine Mitarbeiter tragen Maske im Restaurant und beim Frühstück. Es gibt kein Buffet, Frühstück und Abendessen werden serviert, wir Gäste müssen Abstand und Laufwege einhalten. Dauert etwas, macht aber nichts, wir haben Zeit. 

Was uns allen gefallen hat, war die familiäre Atmosphäre, das gezapfte Bier aus tiefgekühlten Gläsern und das Gekreische der Zikaden. Außerdem war es wunderbar warm, wir saßen draußen und der leichte Wind ließ keine ängstlichen Gefühle aufkommen.

Im Grunde also alles perfekt. Dennoch sind die Strände und Tavernen fast leer, nur wenige Touristen haben in diesem Jahr die Insel besucht. Bewegend war deshalb vor allem, dass wir uns auf dieser Insel willkommen gefühlt haben. Mein kleines Highlight: als wir mit unserer Radtruppe eine kleine Taverne überfielen, freute sich die Besitzerin so sehr, wieder Getränke, Saganaki und griechischen Salat verkaufen zu können, dass sie Fotos von uns machte – die ersten Touristen des Jahres in dieser herrlichen Bucht.

Fazit

Corona mit allen seinen Auswirkungen und Kollateralschäden ist schlimm und flößt Respekt ein. 

Bei aller Vorsicht wollten wir uns als Familie davon nicht lähmen lassen oder uns mit einem zweifelhaften Deutschland-Urlaub zufriedengeben. Es hat sich unbedingt gelohnt. Denn jede Krise ist auch eine kleine Chance – hier auf einen Urlaub, den wir so leider/hoffentlich nie wieder so erleben werden.